Unter einer Streuobstwiese versteht man gemeinhin ein Stück Land, auf dem Obstbäume verstreut stehen. Nicht nur groß angelegte Wiesen mit vielen Baumreihen lassen sich hierunter subsumieren. Auch kleinere Gruppen von Obstbäumen oder Baumreihen an Wegen und Straßen gehören zum Streuobstbau. Die Streuobstwiese definiert sich somit weniger über die Anzahl der Bäume oder deren Pflanzformation. Viel mehr ist eine extensive Bewirtschaftung von hoch- und mittelstämmigen Obstbäumen Merkmal einer Streuobstwiese.
Das Bild der Streuobstwiese prägt unsere Kulturlandschaft in Deutschland bis heute. Was dabei auffällt ist, dass es sich vornehmlich um ältere Bäume handelt. Die Mehrheit der Bäume ist um die 60 bis 85 Jahre alt und stammen aus Pflanzungen zum Ende oder kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Der Bestand von Jungbäumen ist im Vergleich hierzu verschwindend gering. Um die Kulturlandschaft Streuobstwiese zu erhalten ist es deshalb wichtig, alte Baumbestände zu erneuern oder neue Wiesen anzulegen. Die Bewirtschaftung einer Streuobstwiese ist allerdings mit einer Menge Arbeit verbunden und die Neuanlage bietet einige Herausforderungen.
Solltest du mit dem Gedanken spielen eine Streuobstwiese anzulegen, ist es daher sinnvoll deine Motivation zu hinterfragen und dir zukünftige Verpflichtungen bewusst zu werden. Denn eine Streuobstwiese ist eine Kulturlandschaft und kann ohne die Pflege des Menschen auf Dauer nicht überleben. Sie benötigt über Jahrzehnte die Hege und Pflege von uns Menschen.
Warum eine Streuobstwiese anlegen?
- Der Ökologische Aspekt: Um zukünftig regional, in einem biologisch wertvollen Naturraum und ohne den Einsatz von Pestiziden Obst zu produzieren, kann die Streuobstwiese eine ernstzunehmende Lösung sein. Sie bietet nicht nur einer großen Anzahl von Tieren einen Lebensraum, sondern ist ebenfalls ein Sortenreservoir für Obstsorten, die sich für den konventionellen Obstanbau nicht eignen.
- Der Ökonomische Aspekt: Um die Zukunft unserer Streuobstwiesen zu sichern, ist es meiner Auffassung nach nötig, diese wirtschaftlich zu betreiben. Daher halte ich es völlig legitim, dass man mit seiner Streuobstwiese Geld verdienen möchte. Im Kleinen kann Naturschutz und nachhaltige Lebensmittelproduktion ideologisch getragen sein, im Großen müssen sie sich lohnen. Auf Dauer wird sich die Obstproduktion auf hiesigen Streuobstwiesen nur realisieren lassen, wenn sie wirtschaftlich betrieben werden kann. Ansonsten werden sie nur Liebhaber- und Hobbyobjekte sein und eine ungewisse Zukunft haben.
- Langfristige Freude an eigenen Projekten: Beim Anlegen und der Bewirtschaftung einer Streuobstwiese handelt es sich ohne Zweifel um ein Langfristprojekt. Wie oben bereits angesprochen ist die Pflege einer Streuobstwiese ein Marathon und kein Sprint. Darüber hinaus können die ersten Jahre nach der Anlage einer Streuobstwiese durchaus ernüchternd sein. Keine Erträge, die Blattläuse und der Frostspanner fressen die Baumkronen leer und bei den aktuell trockenen Sommern besteht immer die Gefahr, dass der ein oder andere Baum vertrocknet. Deshalb ist es definitiv von Vorteil, wenn man sich langfristig für Dinge begeistern kann und nicht so schnell aufgibt.
Bei mir hat eine Kombination von mehreren Aspekten zur Entscheidung geführt eine Streuobstwiese anzulegen. Obsternte und -verarbeitung kenne ich aus Kindheitstagen. Auf dem Grundstück meiner Eltern stehen mehrere Obstbäume, die jedes Jahr abgeerntet wurden und das Obst verarbeitet wurde. Weiterhin habe ich das Glück, dass sich Grünland in der Nähe unseres Wohnhauses im Besitz der Familie meiner Lebensgefährtin befindet. Somit hatte ich gute Voraussetzungen, um eine Streuobstwiese anzulegen. Womit ich zum nächsten Punkt der Vorüberlegungen komme.
Persönliche Voraussetzungen
- Persönliche Lebenssituation: Ich würde zwar nicht behaupten, dass es nötig ist ein Hofgut auf dem Lande zu besitzen, um eine Streuobstwiese zu bewirtschaften. Einfacher wird es dadurch aber sicherlich. Zur Bewirtschaftung einer Streuobstwiese benötige man zumindest eine Grundausstattung an Werkzeugen und Hilfsmitteln, die unter anderem eine Menge Platz einnehmen können. Um einige sperrige Vertreter zu nennen: Teleskopsäge, 3-4 Meter lange Leiter, Kisten für die Obsternte. Weiterhin ist ein Fahrzeug mit einer Ladefläche, ein geräumiger Anhänger oder auch ein kleiner Trecker mit Anhänger sinnvoll. Denn Material und Werkzeug mit Übermaß gibt es immer wieder zu transportieren.
- Die Pflanzfläche: Um an eine geeignete Pflanzfläche zu gelangen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder du besitzt zufällig eine Wiese, du kannst eine Wiese pachten oder eine Wiese kaufen. Um den Ertrag einer Streuobstwiese über Generationen zu sichern, würde für mich nur das eigene Land in Frage kommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Obstbäume bei guter Pflege problemlos über 100 Jahre alt werden können und bis ins hohe Alter gute Erträge liefern. Eine weitere Möglichkeit ist, einen alten Streuobstbestand zu erwerben und diesen aufzustocken oder zu erneuern. Weiterhin suchen viele Gemeinden für kommunale Streuobstbestände Baumpaten, die sich um die Baumpflege und um die Neupflanzung von Obstbäumen kümmern.
- Know-How: Man pflanzt ein paar Bäume, lässt sie zehn Jahre stehen und fahre anschließend jedes Jahr eine schöne Ernte ein. Ganz so einfach ist der Landschaftsobstbau nicht. Die Streuobstwiese benötigt zu jeder Jahreszeit Aufmerksamkeit und will gepflegt werden. Dabei ist es wichtig, dass du weißt was du tust. Erkundige dich gut, welche Arbeiten im Jahresverlauf erledigt werden müssen und wie sie durchzuführen sind. Besonders beim Obstbaumschnitt solltest du dich beschulen lassen, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Viele hiesige Vereine, der NABU und Landschaftspflegeverbände bieten Kurse zu den Themen Obstbaumschnitt und Streuobstwiese an. Ich selbst habe mich zum zertifizierten Landschaftsobstbauer ausbilden lassen und kann dieses wärmstens weiterempfehlen.
- Finanzielle Mittel: In einem kommenden Artikel werde ich genauer darauf eingehen, was es kostet eine Streuobstwiese anzulegen. Die Kosten können stark variieren und sind von deiner persönlichen Situation abhängig. Habe ich bereits Land oder muss ich welches kaufen/pachten? Besitze ich ein Fahrzeug mit Ladefläche, einen Anhänger oder einen Trecker? Muss ich meinen B Führerschein auf BE aufstocken? Diese Aspekte lasse ich an dieser Stelle zunächst außen vor. Reine Materialkosten für Baum, Pfähle, Pflanzkorb, Anbindeseil, Draht etc. liegen zwischen 50-60 Euro pro Baum. Also ca. 3000 € bei 50 Bäumen bzw. 6000 € bei 100 Bäumen. Wenn man die Kosten für alle Gerätschaften drum herum und die Arbeitszeit obendrauf rechnet, kommt ein nettes Sümmchen zusammen. Und Erträge sind in den ersten Jahren noch nicht in Sicht. Somit kostet die Streuobstwiese zunächst viel Geld und im Austausch dafür bekommt man eine Menge Arbeit. Klingt zumindest für die ersten Jahre nach keinem guten Deal. Ein kleiner Lichtblick: Wenn du im ersten Standjahr durch die Baumreihen deiner Wiese läufst und die im Herbst gepflanzten Bäume anfangen Blätter zu bekommen, ist dies ein wunderbares Gefühl!
Der folgende Artikel geht auf die Planungsphase ein und gibt einen Überblick darüber, welche Faktoren bei Standort- und Sortenwahl zu beachten sind.