Streuobstwelt

Die eigene Streuobstwiese anlegen – Teil 4: Obstbaum pflanzen und erste Pflegemaßnahmen

In diesem Teil der Artikelreihe „Die eigene Streuobstwiese“ geht es endlich an das Pflanzen der Bäume. Voraus sei gesagt, dass sinnvoll ist mindestens zu zweit zu pflanzen. Warum dies so ist, wird sich im Verlauf des Artikels erschließen. Weiterhin werden erste Pflegemaßnahmen erklärt.

Pflanzzeitpunkt

Obstbäume werden von Herbst an bis zum späten Winter gepflanzt. Im Spätherbst haben die Bäume ihre Wuchsaktivitäten eingestellt und die Knospen für das nächste Jahr haben sich weitestgehend herausgebildet. Diese Prozesse sollten vor der Pflanzung abgeschlossen sein, damit sie nicht durch die Umpflanzung gestört werden. Weiterhin sollte der Baum sich noch nicht wieder in der Triebbildung befinden, da diese mit dem Pflanzschnitt gezielt angeregt werden soll. Daher wird im Zeitraum von Oktober bis März gepflanzt. Die meisten Baumschulen verkaufen ihre Obstbäume ab Mitte Oktober bis Ende November. Für einen guten Anwachserfolg bietet sich der Herbst an, da die Baumwurzel durch die Winterfeuchte einen guten Bodenschluss erhalten und sich erste neue Wurzeln bilden können. In Anbetracht der trockenen Frühlingsmonate der letzten Jahre ist dies sinnvoller denn je. So haben die Bäume im Frühjahr einen Entwicklungsvorsprung vor Bäumen die erst im späten Winter gepflanzt werden.

Kauf und Transport

Ein hochstämmiger Obstbaum wird in der Regel wurzelnackt verkauft. Dies bedeutet, dass die Wurzeln komplett frei liegen und sich keine Erde um den Wurzelballen befindet. Dadurch bietet sich eine gute Gelegenheit, die Qualität der Wurzeln zu begutachten. Viele Feinwurzeln sind ein Indikator für die Qualität der Pflanzware, denn sie sind maßgeblich für die Nährstoffaufnahme aus dem Boden zuständig. Hat der Baum viele Feinwurzeln, wird er in der Regel gut anwachsen und triebig in das erste Standjahr gehen. Darüber hinaus gibt es einige Dinge beim Kauf zu kontrollieren:

  • Hat die Rinde des Baums Risse?
  • Sind Schnittwunden am Stamm gut verheilt und überwallt?
  • Hat der Baum mindestens 5 Seitentriebe auf verschiedenen Höhen und in verschiedene Richtungen? (Bei einem Hochstamm sollte der niedrigste Trieb auf mindestens 160 cm Höhe sein)
  • Liegt ein Baumpass vor, auf dem die Pflanzunterlage, ggf. Stammbildner und Sorte vermerkt sind?

Sind diese Punkte überprüft und für gut befunden, kann der Baum gekauft werden. Gute Baumschulen machen auf Mängel am Baum von alleine aufmerksam und kommen einen dementsprechend mit dem Preis entgegen.

Beim Transport und der späteren Lagerung der Bäume gilt es zu beachten, dass die Wurzeln keiner Sonnenstrahlung und keiner Windeinwirkung ausgesetzt werden. Besonders die Feinwurzeln sind hiergegen sehr empfindlich. Schließ gehören sie unter die Erde, fernab von Sonne und Wind. Daher sollte der Wurzelballen in irgendeiner Form abgedeckt werden. Zum Beispiel kann man ihn in einen Plastikbeutel stecken oder mit nassen Laken abdecken. Ich persönlich verwende ausrangierte befeuchtete Kartoffelsäcke. Ebenfalls sollte man darauf achten, dass die Rinde von Stamm und Ästen nicht beschädigt wird. Selbst kleine Risse und Beschädigungen platzen im Laufe des Winters häufig weiter auf und es benötigt nicht selten den ganzen Sommer, bis sie wieder zugewachsen sind.

Pflanzung

Vor der Pflanzung werden die dickeren Wurzelt des Baumes frisch angeschnitten. Um die Verbindung der Wurzeln mit dem Boden anzuregen, kann der Wurzelballen in ein Gemisch aus Erde und Wasser getaucht werden. Anschließend hält man den Baum in das Pflanzloch, sodass der Ansatz der obersten Wurzeln knapp unter der Grasnarbe schwebt. Die Veredelungsstelle sollte hierbei mindestens 10 cm über der Grasnarbe liegen. Nun kann das Pflanzloch langsam mit Erde zugeschüttet werden. Hohlräume im Pflanzloch müssen vollständig zugeschüttet werden. Wenn der Wurzelballen bis unter die Grasnarbe mit Erde bedeckt ist, lohnt es sich den Baum noch einmal „hochzuschütteln“. Also kräftig am Stamm fassen, rütteln und dabei leicht nach oben ziehen. So füllen sich Hohlräume rund um den Wurzelballen mit Erde und es wird verhindert, dass die Wurzeln nach unten hin stauchen und abknicken. Danach kann der Wühlmauskorb (zum Thema Wühlmauskorb siehe hier) zum Stamm hin umgeknickt und mit Draht verschlossen werden. Zum Abschluss wird das Pflanzloch vollständig mit Erde befüllt.

Zum Schluss wird der Baum am Pflanzpfahl angebunden. Hierzu wird ein dickes Kokosseil benötigt. Um den Baum vor Hasenverbiss und Fegeschäden zu bewahren, erhält er noch eine Drahthose aus Hasendraht. Diese lässt sich leicht aus Hasendraht herstellen.

Erste Pflegemaßnahmen

Baumscheibe hacken

Als erste Pflegemaßnahme ist es wichtig, um den Stamm eine Baumscheibe in einem Durchmesser von ca. einem Meter zu hacken. Dies bedeutet, dass alle Pflanzen (größtenteils Gras) in diesem Umkreis entfernt wird und nur noch blanker Boden überbleibt. Dadurch wird die Nährstoffkonkurrenz zwischen dem Obstbaum und den Pflanzen in der Nähe reguliert. Auf den ersten Blick scheint der flache Rasen den Baum nicht in der Versorgung zu gefährden. Betrachtet man jeden Grashalm mit Wurzeln jedoch als Biomasse wird schnell deutlich, wie groß die Konkurrenz ist. Am besten lässt sich die Baumscheibe hacken, wenn der erste Frost durch die Pflanzen gezogen und der Boden ordentlich feucht ist. Über den Winter bleibt die Baumscheibe blank. So kann der Frost in die Erde ziehen und diese auffrieren. Dadurch wird Feuchtigkeit im Boden gespeichert, die im Frühling benötigt wird. Im April/Mai wird die Baumscheibe mir organischen Material bedeckt. Dadurch wird der Boden vor Austrocknung geschützt und den nachwachsenden Rasen wird das Licht genommen. Als Deckmaterial kommen z.B. Hackschnitzel oder Rasenschnitt in Frage. Grundsätzlich gilt, je dichter das Deckmaterial, desto flacher wird es aufgetragen. Auf diese Weise wird für eine Durchlüftung der Deckschicht gesorgt und Fäulnisprozessen vorgebeugt.

Frostrisse vorbeugen

Bei Frostrissen handelt es sich um Risse in der Rinde der Bäume, die in Zuge starker Spannungen durch Temperaturunterschiede entstehen. Besonders im Frühling (aber auch im frühen Winter) kann es zwischen Tag und Nacht zu starken Temperaturunterschieden kommen. Wenn die Rinde über die Nacht stark heruntergekühlt ist und am nächsten Tag die Sonne von der Südseite her auf die Rinde strahlt, kann es zu starken Spannungen in der Rinde kommen. Dies kann vor allen bei Jungen Bäumen mit einer dünnen Rinde zu Rissen führen. Um dies zu verhindern gibt es Baumanstriche, die die Rinde vor starker Wärmestrahlung schützen. Ich benutze Preicobakt der Firma Biofa. Ich trage den Anstrich im Herbst vom Boden bis in die ersten Äste auf. Sofern Nachholbedarf besteht, wird er im späten Winter erneuert.

Wohnraum für Nützlinge schaffen

Nützlinge auf der Streuobstwiese sind Tiere, die den Schädlingsbefall im Baumbestand im Rahmen der natürlichen Nahrungskette regulieren. Verbreitete Schädlinge sind bspw. Blattlaus, Frostspanner und Wühlmaus. Für jeden Schädling gibt es natürliche Gegenspieler, deren Ansiedlung auf der Streuobstwiese durch die Schaffung von Nistplätzen und Unterschlupfmöglichkeiten gefördert werden kann. Beim Anlegen einer Streuobstwiese können diese „Wohnungen“ für Nützlinge direkt mit aufgestellt werden.

Maisenkästen schaffen Wohnraum für Blau- und Kohlmaisen, die sich von Schädlingen wie den Raupen des Frostspanners ernähren. Ich habe meine Nistkästen bei den Behindertenwerkstätten der Lebensgemeinschaft e.V. in Osthessen gekauft und bin mit der Qualität äußerst zufrieden. Natürlich lassen sich die Kästen auch in Eigenproduktion herstellen.

Weiterhin sollte kein Streuobstwiesenbesitzer auf die Ansiedlung von Ohrwürmern verzichten. Sie sind vortreffliche Blattlausjäger und nisten gerne in mit Stroh gefüllten Tontöpfen. Diese werden Kopfüber in den Baum gehängt. Um eine Besiedlung zu beschleunigen, können die Töpfe im Herbst in der Nähe von nätürlichen Wohnstätten von Ohrwürmern wie z.B. Holzschobern abgelegt werden. Mit etwas Glück ziehen einige Ohrwürmer in die Tontöpfe um und man kann die bereits bewohnten Töpfe im Frühjahr in die Bäume hängen. Auf meiner Wiese habe ich festgestellt, dass Ohrwürmer ebenfalls zwischen den Windungen des Anbindeseils am Pflanzfahl nisten.

Wer sich nicht nur auf den Wühlmauskorb bei der Wühlmausprävention verlassen will, kann Wohnraum für Fressfeinde der Wühlmaus schaffen. Ein natürlicher Gegenspieler ist das Mauswiesel. Dies kann mittels eines Mauswieselkastens zum Einzug auf der Streuobstwiese bewegt werden. Eine gute natürliche Überbauung für den Kasten ist ein großer Steinhaufen, der über dem Kasten errichtet wird.

Im fünften Teil der Artikelserie „Die eigene Streuobstwiese“ dürfen die Astscheren gezückt werden. Denn zu jeder Obstbaumpflanzung gehört ein Pflanzschnitt. Dieser wird im folgenden Artikel ausführlich erklärt.

2 Kommentare

  1. cooler Blog.. Ich erweitere gerade auch von 10 auf 20 Hochstämme.. gar nicht weit weg von Steinau. Danke für die Infos und weiterhin viel Enthusiasmus. Frank

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